Dienstag, 16. November 2010

Umfrage: Wirtschaftsordnung hat sich "nicht bewährt"

15.11.10 - Andreas Schmitz, der Präsident des Bankenverbandes, hat sich letzte Woche mit einem dramatischen Gastkommentar in der "Bild"-Zeitung an die Öffentlichkeit gewandt: "Unser Wertesystem droht auseinanderzubrechen ... Nur 15 Prozent der Deutschen meinen, dass führende Politiker ihren Aufgaben gerecht werden; Wirtschaftslenker bestehen nur bei 26 Prozent der Deutschen. Das ist bedenklich. Während man in den USA zu erfolgreichen Führungskräften aus der Wirtschaft aufschaut, geht hierzulande jeder Respekt vor Eliten verloren." ("Bild.de", 7.11.2010) Seit 16 Jahren lässt der Bundesverband Deutscher Banken mehrmals im Jahr den "Respekt" der Deutschen vor den "Führungskräften von Politik und Wirtschaft" per Umfragen testen.

Im Mittelpunkt steht dabei stets die Frage: "Hat sich die soziale Marktwirtschaft bewährt?" Seit Beginn der Umfragen bröckelt in kleinen Schritten unaufhaltsam die Zustimmung zur so genannten "sozialen Marktwirtschaft". Von 73 Prozent "Zufriedenen" vor 16 Jahren auf nur noch 54 Prozent im April 2010. Aber just in dem Moment, als Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) das angebliche Ende der Weltwirtschaftkrise und seinen "XXL-Aufschwung" verkündet, brechen die Umfragewerte regelrecht weg – innerhalb von sechs Monaten auf nur noch 48 Prozent im Oktober 2010. Erstmals in der Geschichte der BRD hat sich damit für die Mehrheit der Befragten die bestehende kapitalistische Wirtschaftsordnung "nicht bewährt".

Das ist nicht erstaunlich: Nach den Erfahrungen mit der tiefsten Weltwirtschafts- und Finanzkrise des kapitalistischen Systems zeigt die Lebenswirklichkeit der Masse der Bevölkerung jetzt alles andere als einen "Aufschwung XXL". In den Betrieben wird die Ausbeutungsschraube angezogen. Schamlos werden immer mehr Teile der Sozialkosten auf die Bevölkerung abgewälzt - wie jetzt bei der Gesundheitsreform - und die Monopole werden "entlastet". 6 876.684 Menschen leben in Haushalten, die von Hartz IV betroffen sind (Zahlen vom April 2010), darunter 1.772.233 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren. In Bremen und Sachsen-Anhalt sind über 18 Prozent der Bevölkerung von Hartz IV betroffen!

In einem aktuellen Bericht kritisiert der Bundesrechnungshof auch, wie mit den Ein-Euro-Jobs umgegangen wird: In solchen Arbeitsverhältnissen mussten die Leute illegalen Müll beseitigen, beim Umzug eines städtischen Bauhofs mithelfen oder Nasszellen in einem Altenheim putzen. Ursprünglich wurden die Ein-Euro-Jobs mit der Begründung eingeführt, dass es sich dabei um zusätzliche, gemeinnützige Tätigkeiten handle - bei über der Hälfte der untersuchten Fälle aber hat es sich nach Angaben des Rechnungshofs nicht um solche Arbeiten gehandelt oder es sei Unternehmen Konkurrenz gemacht worden. D.h. dass mit diesen Jobs reguläre Arbeitsplätze vernichtet werden und ein Niedrigstlohnsektor ausgebaut wird.

Kein Wunder, dass der Respekt vor den selbst ernannten Politik- und Wirtschafts-Eliten zunehmend schwindet! Mehr noch als die Kritik an den bestehenden Verhältnissen fürchten die Bank-Eliten die Suche nach einer Alternative und das dabei wachsende Selbstbewusstsein der Massen, wie es sich eindrucksvoll bei den Protesten in Stuttgart, Gorleben oder den gewerkschaftlichen Protestaktionen am letzten Wochenende entwickelt.

Geradezu mit einer Beschwörung endet deshalb der Appell des Bankers in der "Bild": "Wir müssen mehr reden, erklären und werben, für unsere Vorhaben und fürs große Ganze: die Demokratie und die soziale Marktwirtschaft. Das ist eine der wichtigsten Managementaufgaben." Dieses System löst keines der Probleme, die es selbst verursacht hat - da nützt auch mehr Werbung nichts. Zeit, neue gesellschaftliche Alternativen in den Blick zu nehmen! Wer sich für den echten Sozialismus interessiert, sollte Kontakt aufnehmen mit der MLPD.

1 Kommentar:

  1. Parteienunabhängig ist die Analyse so richtig.. Wir können uns auf immer gieriger gewordene Eliten nicht mehr verlassen..

    AntwortenLöschen