Donnerstag, 28. Oktober 2010

Internationale Gewerkschaften rufen zu Aktionen gegen Missbräuche der Arbeitnehmer/innenrechte in Korea auf Von Rosmarie

Erstellt 25/10/2010 - 15:34
Dringende Aktion 25-10-2010

Als Korea 1996 der OECD beitrat, musste es sich unter anderem zu einer Reform seiner Gesetzgebung über Arbeitsbeziehungen entsprechend den Normen der IAO verpflichten. Nicht nur ist die Reform ausgeblieben, sondern die Lage hat sich erheblich verschlechtert.

Im Vorfeld der für den 11.-12. November in Seoul, Südkorea, angesetzten Tagung der G20* fordern internationale Gewerkschaftsorganisationen, Druck auf die koreanische Regierung auszuüben, damit sie ihr repressives Arbeitsrechts- und Beschäftigungsregime mit den internationalen Normen und ihren eigenen Verpflichtungen in Einklang bringt.

Die IAO hat die Regierung Südkoreas wiederholt aufgefordert, ihre Arbeitsgesetzgebung abzuändern, die legitime gewerkschaftliche Tätigkeiten kriminalisiert, zahlreiche Beschäftigte des öffentlichen Sektors daran hindert, Gewerkschaften beizutreten oder Kollektivverhandlungen zu führen, und den massiven Einsatz von prekären Beschäftigungsverhältnissen fördert, um Arbeitnehmern/innen ihre kollektiven Rechte zu verweigern.

Trotz der 1996 eingegangenen Verpflichtung haben sich die derzeitige ebenso wie frühere koreanische Regierungen geweigert, die IAO-Übereinkommen 87 (Vereinigungsfreiheit) und 98 (Kollektivverhandlungen) zu ratifizieren.

Von Artikel 314 des Strafgesetzbuchs über „Geschäftsbehinderung“ wird routinemässig Gebrauch gemacht, um Gewerkschaftsführer und -mitglieder zu verhaften und einzusperren und Geldstrafen in Millionen-Dollar-Höhe zu verhängen, um gewerkschaftliche Tätigkeiten zu lähmen. In den letzten 18 Monaten sind mehr als 300 Gewerkschafter inhaftiert worden.

Als die Krise sich auf die Produktion bei Ssangyong Motors auswirkte, reagierte die Betriebsleitung auf gewerkschaftliche Forderungen nach Verhandlungen über Kurzarbeit mit der einseitigen Entlassung von Leiharbeitskräften. Während des Streiks (Mai-August 2010) wendete die Bereitschaftspolizei immer wieder Gewalt gegen die Arbeiter/innen an und setzte dabei auch Elektroschockwaffen ein.

Eine „lockere“ Definition der „lebenswichtigen Dienste“ gestattet es der Regierung, zahlreichen Beschäftigten des öffentlichen Sektors das Recht vorzuenthalten, einer Gewerkschaft beizutreten. Gewerkschaften von staatlichen Bediensteten, Lehrern/Lehrerinnen sowie Bau- und Transportarbeitern/innen wird das Recht verweigert, über 250 000 Beschäftigte zu vertreten.

Ausgelagerte Arbeit, nach aussen vergebene Arbeit (Leiharbeit) und andere Formen von prekärer Arbeit [1] sind aggressiv gefördert worden, um ganzen Beschäftigtengruppen ihr Recht auf gewerkschaftliche Vertretung vorzuenthalten. Rund 50% aller Erwerbstätigen in Korea haben heute keinen unbefristeten, direkten Dauerarbeitsvertrag. Die der KCTU angeschlossenen koreanischen Metallarbeiter/innen haben Unternehmen ermittelt, die in einer einzigen Fabrik bis zu einhundert Arbeitskräftevermittler einsetzen, allein um die Arbeiter/innen daran zu hindern, einer Gewerkschaft beizutreten und mit dem eigentlichen Arbeitgeber zu verhandeln.

Im Rahmen eines wichtigen Beschlusses forderte der IAO-Ausschuss für Vereinigungsfreiheit letztes Jahr die Regierung Koreas auf, der missbräuchlichen Verwendung von prekären Verträgen mit dem Ziel, Arbeitnehmern/nehmerinnen ihre Rechte vorzuenthalten, ein Ende zu bereiten.

Die einzige Arbeitsrechtsreform ist jedoch ein geplantes Gesetz, mit dem die derzeitige Frist von zwei Jahren, nach der Leiharbeitskräfte fest angestellt werden müssen, auf vier Jahre verlängert werden soll. Sungjong Lee, der Direktor für Grundsatzfragen des der IUF angeschlossenen Koreanischen Bundes der privaten Dienstleistungsarbeiter/innengewerkschaften (KFSU), verurteilt das geplante Gesetz, weil die Arbeitgeber es sich zunutze machen werden, um sich ihrer Verpflichtung, prekäre Arbeitskräfte fest anzustellen, zu entziehen: die meisten Arbeitgeber, erklärt Lee, werden Leiharbeitskräfte, deren Vertragsumwandlung ansteht, einfach durch neue, prekäre Arbeitskräfte ersetzen.

Ein neuer Gesetzesvorschlag würde auch das Spektrum der Tätigkeitsgruppen, für die Leiharbeit eingesetzt werden darf, von derzeit 32 um bis zu 17 weitere Tätigkeitsgruppen erweitern (entsprechend den „Markterfordernissen). Laut Nambee Park, der Präsidentin der der IUF angeschlossenen Koreanischen Frauengewerkschaft, hat dies schon dazu geführt, dass viele direkt beschäftigte weibliche Arbeitnehmer auf Leiharbeit umgestellt worden sind, mit der entsprechenden Einbusse an Sicherheit, Löhnen und Leistungen. Wenn die verbleibenden Beschränkungen der Leiharbeit beseitigt werden, meint Park, dann wird es zu einer weiteren Ausbreitung der gering entlohnten Arbeit, grösserer Unsicherheit und zunehmender geschlechtlicher Diskriminierung kommen.

Die globalen Gewerkschaftsbünde, der IGB und der TUAC fordern gemeinsam, Druck auf die G20-Regierungen auszuüben, um dafür zu sorgen, dass die dringende Notwendigkeit einer Reform des Arbeitsrechts auf der G20-Tagung in den Vordergrund rückt. Informationshinweise, Musterbriefe und Hintergrundmaterial für Gewerkschaften sind auf der Website des Internationalen Metallgewerkschaftsbunds [2] in Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch und Spanisch verfügbar.

Ihr braucht aber nicht in einem G20-Land zu leben und zu arbeiten, um Massnahmen zur Unterstützung unserer koreanischen Schwestern und Brüder zu ergreifen. Gewerkschaften allerorts können von diesen Kampagnenmaterialien Gebrauch machen, um die Regierung Koreas unter Druck zu setzen, Aktionen und Proteste vor Vertretungen der südkoreanischen Regierung zu organisieren und eure Mitglieder und die breite Öffentlichkeit über die derzeitige Situation zu informieren – und über die dringende Notwendigkeit, die Dinge zu ändern.

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* Die Gruppe der Länder der 20 Finanzminister und Zentralbankgouverneure umfasst Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, die Europäische Union, Frankreich, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea, die Türkei, die Vereinigten Staaten und das Vereinigte Königreich.

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Quellen-URL: http://cms.iuf.org/?q=de/node/572

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