Dienstag, 21. September 2010

Beseitigung der paritätischen Beitragszahlung ist für Kanzlerin Merkel "gelebte Solidarität"?

20.09.10 - Am Mittwoch will das Bundeskabinett der "schwarz-gelben" Koalition die nächste Gesetzesänderung zum Gesundheitswesen beschließen. Ein Kernstück ist wieder einmal eine Beitragserhöhung die zur weiteren Weichenstellung genutzt werden soll, die Arbeiter und Angestellten für die Sozialversicherung zur Kasse zu bitten und die Unternehmer zu entlasten. Zum 1. Januar für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und Rentner von 7,9 auf 8,2 Prozent und für die Unternehmen von 7,0 auf 7,3 Prozent.

Das Neue an der "Reform" ist, dass die gesetzlichen Kassenbeiträge für die Unternehmer auf dem bisherigen Niveau festgeschrieben werden sollen und für alle künftigen Kostensteigerungen im Gesundheitswesen allein die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, Arbeitslosen und Rentnern über Zusatzbeiträge und Steuern bluten sollen. Die Unternehmen, deren so genannte paritätische Beitragszahlung längst von den vorherigen Regierungen zu ihren Gunsten durch niedrigere Beitragsätze und so genannte "Eigenbeteiligung" der Versicherten ausgehöhlt wurden, bleiben bei den steigenden Gesundheitskosten künftig ganz außen vor.

Das sei "gelebte Solidarität“, nannte Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Haushaltsdebatte am 19. September diese Abzocke der Kassenmitglieder. Die Begründung der "schwarz-gelben" Regierung ist, dass die Ware Arbeitskraft billiger werden müsse, indem die so genannten "Lohnnebenkosten" für die Unternehmen gesenkt werden, weil damit Arbeitsplätze gerettet werden könnten. Es gibt aber überhaupt nicht diesen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Höhe der sogenannten "Lohnnebenkosten" und der zunehmenden Arbeitsplatzvernichtung. Zumal gemessen am Umsatz die Gesamtlohnkosten vor allem in den Konzernbetrieben ständig sinken.

In der deutschen Stahlindustrie hat sich zum Beispiel der Umsatz pro Beschäftigten in den letzten zehn Jahren weit mehr als verdoppelt. Bei einem Lohnanteil (Bruttolöhne und Lohnnebenkosten) von unter 9 Prozent vom Umsatz bedeutet dies, dass nur ein immer kleinerer Anteil der von den Arbeitern geschaffenen Werte für Löhne und Lohnnebenkosten aufgewendet wird.

Schon eine Steuer von 6 Prozent des Umsatzes aller Unternehmen würde reichen, um sämtliche soziale Leistungen zu finanzieren. Denn zahlen würden dann diejenigen, für die die Arbeiterinnen und Arbeiter täglich ihre Haut zu Markte tragen. Und große Konzerne zahlen mehr, kleine Unternehmen weniger. Merkels "gelebte Solidarität" ist dagegen eine Gesundheitspolitik gegen die bereite Mehrheit der Bevölkerung und zu Gunsten der Banken und Konzerne.

Es ist richtig, wenn die Montagsdemonstrations-Bewegung den Kampf gegen Hartz IV mit Forderungen gegen die Abwälzung der Krisenlasten verbindet. Unter anderem für die volle Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge durch die Unternehmen sowie für ein kostenloses Gesundheitswesen. Die Beteiligung an der bundesweiten Demonstration am 16. Oktober in Berlin: das ist wirklich "gelebte Solidarität".

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